GPTopia – Family Medicine in 2084
Die Welt wurde von großen Umweltkatastrophen heimgesucht, der Klimawandel bedroht zunehmend die Menschheit, in vielen Regionen der Erde sind Unruhen ausgebrochen, Bürgerkriege, steigende Meeresspiegel, Armut, Hunger und der Kampf ums Überleben bringen die Menschen dazu, ihre Heimat zu verlassen. Auch Europa existiert nicht mehr in seiner gewohnten Form, eine neue Staatenwelt entsteht. Auf einer kontinentalen Insel hat sich ein neuer Staat formiert, der Bevölkerung gelang es eine Demokratie zu bilden und das gemeinsame Ziel eines neuen Utopiens als Vision ihrer Zukunft anzuerkennen. Der nunmehr gewählte Präsident erkennt, dass unter den herrschenden Umständen und dem großen Druck der nach wie vor nicht abreißenden Flüchtlingsströme die gesundheitliche Versorgung seiner Bewohner, vor allem die Allgemeinmedizin und Familienmedizin mit ihren Teams und Zusammenarbeitsformen, essenziell für ein Überleben der Vision Utopia ist. Deshalb beruft er einen Beraterstab aus Ärztinnen und Ärzten der Allgemein- und Familienmedizin (GP) zu sich, um die wesentlichen Pfeiler der Gesundheitspolitik von Utopia festschreiben zu lassen. Nach ausführlicher und intensiver Beratung sowie Abstimmung in dieser Ratsversammlung können neben selbstverständlichen Allgemeinpunkten (allgemeine Menschenrechte, Zugang zum Gesundheitswesen für alle …) ein paar wesentliche Säulen des Gesundheitswesens in Stein gemeißelt werden; gemacht dafür, dass jeder GP dieses Landes sie als Werte und Leitfaden mit sich trägt:
- Eine adäquate Datensammlung über die Patienten/den Patienten ist notwendig. Um einen verantwortungsvollen Umgang mit höheren medizinischen Technologien, eine gute Gesundheitsversorgung und den menschlichen Arzt (anstatt IT-Solutions und Maschinen) zu sichern, ist die Arzt-Patienten-Beziehung zur Vermeidung von Überdiagnostik und Selbst-Medikation zu erhalten und zu schützen, das Management dieser Daten hat mit entsprechendem Respekt zu geschehen.
- Chronisch Kranke und schwache Randgruppen in ländlichen Regionen müssen ebenfalls Zugang zu einer entsprechenden Versorgung haben. Ein Netzwerk an Unterstützung muss in jeder Community geschaffen sein, nicht immer muss es notwendig sein, dass gerade die Schwachen zu den Ärztinnen und Ärzten kommen, auch GP und ihre Teams sollen das Rüstzeug bekommen und Selbstverständnis haben, zu ihren Patientinnen und Patienten zu kommen.
- Eine hochwertige Betreuung chronisch kranker Patientinnen und Patienten benötigt Prävention (Screening, Health Assessment, Gesundheitsförderung, Wissensgenerierung und Reintegration von Minderheiten), Nähe (bessere Reichweite, mobile Betreuungseinheiten und in Sachen Flüchtlinge bessere Gesundheitsstrukturen – inkl. GP – an Brennpunkten) sowie eine kontinuierliche Betreuung (Vertrauen, Teamwork, multidisziplinäre Teams).
- Internationale Gesundheit – „Don’t be apart, be a part“ – bedeutet geteilte Verantwortung. Sowohl den Bedürfnissen der Bewohner GPTopias als auch den der Flüchtlinge muss entsprochen werden, um gemeinsam im Respekt der jeweiligen Menschenrechte koexistieren zu können. Dafür muss die Zusammenarbeit zwischen staatlichen Organisationen und NGO gefördert und gesichert sein.
- Des Weiteren sollen Flüchtlinge in der Lage sein, das was sie am besten können, auch zu tun. Für die Beschäftigung und zur Integration in die Gesellschaft ist es fundamental, dass Flüchtlinge auf ihrem professionellen Level arbeiten können. Jeder Flüchtling ist ein Individuum und eine wertvolle Ressource.
- Forschung: Gleicher Zugang und gleiche Möglichkeiten zur Forschung für alle. Ein Netzwerk der Zusammenarbeit zwischen GP und Spezialistinnen und Spezialisten innerhalb der Universitäten, aber auch international ist dafür zu unterstützen.
- Missbrauch und Gewalt: In GPTopia gibt es klare Strukturen und organisierte Netzwerke, in welche die Familienmedizin integriert ist, ebenso wie Sozialhilfestellen, Polizei, Justiz und andere Disziplinen, klare Handlungswege mit klar definierten Rollen und Verantwortungen, alle gegen innerfamiliäre Gewalt und Missbrauch gerichtet.
Dr. Maria Wendler, Obfrau der JAMÖ
Vasco da Gama Movement (vdgm.eu) – pre-conference WONCA Copenhagen 2016